Stefan Heimlich vom ACE, Angela Kohls vom ADFC und Dirk Flege von der Allianz pro Schiene (v.l.) geben der Ampel-Koalition die Gesamtnote 4.

Stefan Heimlich vom ACE, Angela Kohls vom ADFC und Dirk Flege von der Allianz pro Schiene (v.l.) geben der Ampel-Koalition die Gesamtnote 4. © ADFC / Kennedy

Ampel-Check: Verkehrspolitik nur "ausreichend" - Bündnis zieht Bilanz

ADFC, Allianz pro Schiene und ACE unterziehen die Verkehrspolitik der Bundesregierung einem Halbzeit-Check und vergeben die Gesamtnote 4. Bei Schiene, E-Auto und Fahrrad hinkt die Bundesregierung ihrem Koalitionsvertrag mehrheitlich hinterher.

Die Bundesregierung ist zur Hälfte ihrer Amtszeit noch größtenteils im Rückstand bei der Erfüllung ihrer selbst gesteckten verkehrspolitischen Ziele. Zu diesem Ergebnis kommen Allianz pro Schiene, Allgemeiner Deutscher Fahrrad-Club (ADFC) und Auto Club Europa (ACE).

Die drei Verbände haben überprüft, inwieweit Versprechen aus dem Koalitionsvertrag bereits umgesetzt wurden. In Schulnoten gesprochen, erhält die Bundesregierung demnach im Zwischenzeugnis für ihre Verkehrspolitik lediglich die Note 4 („ausreichend“). Mit Blick auf die zweite Hälfte der Regierungsperiode fordern die Verbände, die ausstehenden Vorhaben schneller anzugehen. Außerdem fordern sie eine systematischere Herangehensweise an die Verkehrswende, bei der Straße, Schiene und Radverkehr für den Verkehr von morgen zusammengedacht werden.

Zwischen den einzelnen Themenfeldern der Verkehrspolitik gibt es durchaus größere Unterschiede in der Bewertung: Mehr Geld in die Schiene als in die Straße investieren – der Fortschritt bei diesem Koalitionsziel wird von den Verbänden als gut bewertet (Note 2). Die Radverkehrspolitik bekommt angesichts sinkender Mittel die Note 4 minus – und beim noch ausstehenden Abbau umwelt- und klimaschädlicher Subventionen reicht es nur für ein „mangelhaft“.

Schiene / ÖPNV

In ihrem Koalitionsvertrag hat sich die Ampel-Regierung vorgenommen, den ÖPNV attraktiver zu machen – etwa indem es günstiger wird, die Schiene zu nutzen. Außerdem will sie einheitliche Standards für die Erreichbarkeit in urbanen und ländlichen Räumen definieren. Dazu sagt der Geschäftsführer der Allianz pro Schiene, Dirk Flege: „Das Deutschlandticket ist verkehrspolitisch ein Riesenschritt nach vorn. Mit einem einfachen und preislich hochattraktiven Nahverkehrsticket für ganz Deutschland ist die Regierung sogar über das hinausgegangen, was im Koalitionsvertrag angekündigt wurde. Das gilt es ganz klar anzuerkennen. Allerdings liegt noch ein weiter Weg vor der Ampel, wenn es darum geht, das Angebot auszubauen und einheitliche Standards zur Erreichbarkeit in Stadt und Land zu definieren und umzusetzen.“

Auf der Zielgeraden ist das Vorhaben der Koalition, Einnahmen aus der Lkw-Maut ab 2024 auch für den Ausbau von Alternativen zum Straßenverkehr zu verwenden. Ein entsprechender Gesetzentwurf liegt vor und soll im Herbst im Parlament entschieden werden. Unverändert großen Nachholbedarf sieht die Allianz pro Schiene aber bei dem Versprechen der Koalitionäre, das Schienennetz zu erweitern und Strecken zu reaktiveren. Dass die Investitionen in die Schiene ab 2024 deutlich aufgestockt werden sollen, gehe zwar in die richtige Richtung. Aber etwa bei der Elektrifizierung des Schienennetzes gebe es kaum Fortschritte.

Dirk Flege: „Es müsste acht Mal so schnell gehen wie bisher, um bis 2030 tatsächlich 75 Prozent des Schienennetzes zu elektrifizieren. Die Beschleunigungskommission Schiene hat dazu längst Vorschläge gemacht, wie man bei der Elektrifizierung auch durch weniger Bürokratie schneller vorankommt. Die Vorschläge liegen auf dem Tisch, jetzt ist die Regierung gefragt, Nägel mit Köpfen zu machen.“

Radverkehr

Beim Thema Radverkehr bekommt die Ampel-Koalition von den Verbänden die Gesamtnote 4 minus. Vorgenommen hat sich die Bundesregierung laut Koalitionsvertrag, die Radwegenetze so auszubauen, dass Deutschland bis 2030 zum attraktiven Fahrradland wird (Umsetzung des „Nationalen Radverkehrsplans“). Außerdem sollte eine Reform von Straßenverkehrsgesetz und Straßenverkehrsordnung den Kommunen mehr Spielräume geben, Platz und gute Bedingungen zum Radfahren zu schaffen. Als dritten Punkt wollte die Bundesregierung die für die Stärkung des Radverkehrs nötigen Finanzmittel absichern. In allen drei Punkten gibt es Kritik der Verbände. Der Ausbau geht demnach kaum voran, die ersten Entwürfe für ein neues Verkehrsrecht gehen nicht weit genug – und zuletzt hat die Bundesregierung die Mittel für den Radwegebau sogar halbiert.

Angela Kohls, Leiterin Verkehrspolitik beim Fahrradclub ADFC, sagt: „Die Bundesregierung hält beim Radverkehr nicht, was sie versprochen hat. Wer die Mittel für den Radwegebau drastisch kürzt, kein Umsetzungskonzept für den Nationalen Radverkehrsplan vorlegt und im Verkehrsrecht weiter den flüssigen Kfz-Verkehr vor die Sicherheit der Menschen und eine nachhaltige Verkehrsplanung setzt – der meint es nicht ernst mit der Fahrradförderung. Radfahren in Deutschland bleibt etwas für Mutige. Die versprochenen durchgängigen und einladenden Radwegenetze gibt es weiter nur auf dem Papier. Das zu ändern ist nicht allein Aufgabe der Kommunen, der Bund muss als Impulsgeber und Koordinator vorangehen! Wie in Österreich brauchen wir jetzt einen ambitionierten Fahrradland-Vertrag. Bund, Länder und Kommunen müssen sich gemeinsam zu klaren Maßnahmen verpflichten und deren Umsetzung regelmäßig überprüfen. Ansonsten kommt das für 2030 angekündigte Fahrradland bestenfalls 2070.“

E-Autos

Auch was den Ausbau der Ladeinfrastruktur für E-Autos angeht, schneidet die Koalition in der Bewertung der drei Verbände schlecht ab. ACE-Vorsitzender Stefan Heimlich beklagt zu wenig Tempo: „Mit dem Masterplan Ladeinfrastruktur wurden zwar gute Grundlagen geschaffen – allerdings sind bislang gerade einmal neun der insgesamt 68 Maßnahmen umgesetzt. Für eine Halbzeit-Bilanz ist das viel zu wenig. Ein neues Förderprogramm für die Ladeinfrastruktur wurde immerhin angekündigt. Aber was den Punkt im Koalitionsvertrag angeht, dass Deutschland Leitmarkt für Elektromobilität werden soll, da hat uns China längst überholt – und es ist schwer vorstellbar, dass wir das in den nächsten zwei Jahren noch aufholen können.“

Straße, Schiene und Radverkehr zusammendenken

Insbesondere beim Abbau umwelt- und klimaschädlicher Subventionen appellieren die drei Verbände an die Bundesregierung, Dienstwagen- und Dieselprivileg sowie die Kerosinsteuerbefreiung abzuschaffen. „Dass Einnahmen aus der Lkw-Maut künftig auch jenseits von Fernstraßen in Mobilität investiert werden können, ist ein Lichtblick. Dagegen hat sich beim Abbau umwelt- und klimaschädlicher Subventionen aber kaum etwas in die richtige Richtung bewegt“, sagt der Geschäftsführer der Allianz pro Schiene, Dirk Flege, im Namen aller Verbände.

Insgesamt beklagen Allianz pro Schiene, ADFC und ACE, dass eine Gesamtstrategie für die Verkehrsträger Straße, Schiene und Radwege fehlt. Dirk Flege: „Es ist bislang keine klare Linie erkennbar, wo Deutschland hin will bei der Verkehrswende. Die Bundesregierung muss Schiene, Straße und Radwege viel stärker vernetzt denken und klar die Maßnahmen priorisieren, die den größten Beitrag zur Verkehrswende leisten können.“

ADFC, ACE und Allianz pro Schiene planen, ihren Ampel-Check Verkehrspolitik fortlaufend zu aktualisieren.

Weitere Informationen

•           ampel-check.de

•           Koalitionsvertrag zum Download

Pressekontakte

Allgemeiner Deutscher Fahrrad-Club
Stephanie Krone
Pressesprecherin
stephanie.krone[at]adfc.de
030 209 14 98-65
0160 30 69 202

Allianz pro Schiene
Sabrina Wendling
Pressesprecherin
sabrina.wendling[at]allianz-pro-schiene.de
030 246 25 99-20
0171 72 70 026

Auto Club Europa
Sören Heinze
Pressesprecher
soeren.heinze[at]ace.de
030 278 725-24
0151 15 69 68 24

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Titelbild Ampel-Check

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Häufige Fragen von Alltagsfahrer*innen

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  • Was muss ich beachten, um mein Fahrrad verkehrssicher zu machen?

    Wie ein Fahrrad verkehrstauglich auszustatten ist, legt die Straßenverkehrszulassungsordnung (StVZO) fest. Vorgesehen sind darin zwei voneinander unabhängige Bremsen, die einen sicheren Halt ermöglichen. Für Aufmerksamkeit sorgen Radler*innen mit einer helltönenden Klingel, während zwei rutschfeste und festverschraubte Pedale nicht nur für den richtigen Antrieb sorgen. Je zwei nach vorn und hinten wirkende, gelbe Rückstrahler an den Pedalen stellen nämlich darüber hinaus sicher, dass Sie auch bei eintretender Dämmerung gut gesehen werden können. Ein rotes Rücklicht erhöht zusätzlich die Sichtbarkeit nach hinten und ein weißer Frontscheinwerfer trägt dazu bei, dass Radfahrende die vor sich liegende Strecke gut erkennen. Reflektoren oder wahlweise Reflektorstreifen an den Speichen sind ebenfalls vorgeschrieben. Hinzu kommen ein weißer Reflektor vorne und ein roter Großrückstrahler hinten, die laut StVZO zwingend vorgeschrieben sind.

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  • Worauf sollte ich als Radfahrer*in achten?

    Menschen, die Rad fahren oder zu Fuß gehen, gehören zu den ungeschützten Verkehrsteilnehmern. Sie haben keine Knautschzone – deshalb ist es umso wichtiger, sich umsichtig im Straßenverkehr zu verhalten. Dazu gehört es, selbstbewusst als Radfahrender im Straßenverkehr aufzutreten, aber gleichzeitig defensiv zu agieren, stets vorausschauend zu fahren und mit Fehlern von anderen Verkehrsteilnehmern zu rechnen.Passen Sie Ihre Fahrweise der entsprechenden Situation an und verhalten Sie sich vorhersehbar, in dem Sie beispielsweise Ihr Abbiegen durch Handzeichen ankündigen. Halten Sie Abstand von Lkw, Lieferwagen und Kommunalfahrzeugen. Aus bestimmten Winkeln können Fahrer nicht erkennen, ob sich seitlich neben dem Lkw Radfahrende befinden. Das kann bei Abbiegemanövern zu schrecklichen Unfällen führen. Beachten Sie immer die für alle Verkehrsteilnehmer gültigen Regeln – und seien Sie nicht als Geisterfahrer auf Straßen und Radwegen unterwegs.

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    Das Angebot an Elektrofahrrädern teilt sich in unterschiedliche Kategorien auf: Es gibt Pedelecs, schnelle Pedelecs und E-Bikes. Pedelecs sind Fahrräder, die durch einen Elektromotor bis 25 km/h unterstützt werden, wenn der Fahrer in die Pedale tritt. Bei Geschwindigkeiten über 25 km/h regelt der Motor runter. Das schnelle Pedelec unterstützt Fahrende beim Treten bis zu einer Geschwindigkeit von 45 km/h. Damit gilt das S-Pedelec als Kleinkraftrad und für die Benutzung sind ein Versicherungskennzeichen, eine Betriebserlaubnis und eine Fahrerlaubnis der Klasse AM sowie das Tragen eines Helms vorgeschrieben. Ein E-Bike hingegen ist ein Elektro-Mofa, das Radfahrende bis 25 km/h unterstützt, auch wenn diese nicht in die Pedale treten. Für E-Bikes gibt es keine Helmpflicht, aber Versicherungskennzeichen, Betriebserlaubnis und mindestens ein Mofa-Führerschein sind notwendig. E-Bikes spielen am Markt keine große Rolle. Dennoch wird der Begriff E-Bike oft benutzt, obwohl eigentlich Pedelecs gemeint sind – rein rechtlich gibt es große Unterschiede zwischen Pedelecs und E-Bikes.

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  • Gibt es vom ADFC empfohlene Radtouren für meine Reiseplanung?

    Wir können die Frage eindeutig bejahen, wobei wir Ihnen die Auswahl dennoch nicht leicht machen: Der ADFC-Radurlaubsplaner „Deutschland per Rad entdecken“ stellt Ihnen mehr als 165 ausgewählte Radrouten in Deutschland vor. Zusätzlich vergibt der ADFC Sterne für Radrouten. Ähnlich wie bei Hotels sind bis zu fünf Sterne für eine ausgezeichnete Qualität möglich. Durch die Sterne erkennen Sie auf einen Blick mit welcher Güte Sie bei den ADFC-Qualitätsradrouten rechnen können.

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