Sebastianusstraße: ADFC kritisiert mutlose Politik
Bis April muss entschieden werden, wie es mit dem Verkehrsversuch zur Fahrradstraße weitergeht. Ein Antrag der Kooperation bleibt weit hinter den Erwartungen des ADFC und auch hinter dem Konzept der Verwaltung zurück.
Der Verkehrsversuch mit der neuen Fahrradachse Deutsche Straße - Drususallee - Sebastianusstraße - Glockhammer wird von den Neussern mehrheitlich positiv angenommen. Das hat die von der Stadt im Winter durchgeführte Umfrage ziemlich klar ergeben, und es entspricht auch den Erfahrungen des ADFC. Denn als Anlieger mit einem kleinen Laden auf dem Glockhammer haben wir viele positive Rückmeldungen von Bürgern erhalten.
Das haben wir unseren Ansprechpartner in der Politik gesagt und sie ermutigt, den Verkehrsversuch ab April zu verstetigen Das bedeutet: Die Sebastianusstraße von ihrer Funktion als Zufahrt zu den Parkhäusern am östlichen Innenstadtrand entbinden und nur noch vormittäglichen Lieferverkehr zulassen, wie es im Hauptstraßenzug und auf dem Markt schon seit Jahren Praxis ist. Auf mittlere Sicht (bis zum Ende der Sanierung des Meererhofs) sollte nach unserer Auffassung auch die Zufahrt der Tiefgaragen Meererhof und Kaufhof vom Rheinwallgraben her verhandelt, geplant und gebaut sein, damit nach der Sebastianusstraße auch der Glockhammer vom durchgehenden Autoverkehr befreit werden kann.
Diese Maßnahmen sind aus Sicht des ADFC die logische Folge der Erfahrungen mit dem Verkehrsversuch. Vor diesem Hintergrund sind wir sehr enttäuscht über die Mutlosigkeit des Antrags, den die Kooperation aus SPD, Grünen und UWG/FW in die Sitziung des Unterausschusses Mobilität am 9. März 2022 eingebracht hat. Ohne Not will die Kooperation der Sebastianusstraße den Status der Fahrradstraße wieder wegnehmen und schlägt stattdessen vor, diese wahlweise als Shared Space oder als verkehrsberuhigten Bereich auszuzeichnen. Den letzgenannten Status hatte sie vorher, nämlich als Tempo-20-Zone. Man schlägt also einen handfesten Rückschritt vor. Der Alternativvorschlag Shared Space wäre nicht viel besser. Denn dann wäre der Autoverkehr auf der Sebastianusstraße wieder gleichberechtigt mit dem Rad- und Fußverkehr. Das aber widerspricht dem Prinzip der Fahrradstraße und dem Konzept eine autoreduzierten Innenstadt.
Dieses erstmals im Forum Stadtentwicklung ausformulierte und vom ADFC immer unterstützte Konzept sieht vor, den Autoverkehr über den Innenstadtring aus Gielenstraße, Schorlemerstraße, Jülicher Straße, Friedrich-/Zollstraße, Batteriestraße und Theodor-Heuss-Platz um den Stadtkern herum zu führen und den Durchmesser dieses Ring über Deutsche Straße, Drususallee, Sebastianusstraße und Glockhammer den Radfahrern vorzubehalten. Was die Kooperation vorschlägt, würde diese Fahrradachse unterbrechen und ihrer Funktion berauben. Das wäre ein großer Schritt zurück - weg von der Mobilitätswende, weg von einem nachhaltiges ganzheitlichen Mobilitätskonzept für Neuss. Auch der in einem Workshop deutlich artikulerte Wunsch von Jugendlichen nach einer autofreien Innenstadt würde damit ignoriert.
Einzig von der Linken/Die Partei kam im Mobilitätsausschuss ein klares Bekenntnis zum Verkehrsversuch, das wir voll und ganz unterstützen. Wir appellieren eindringlich an die Kooperation, deren fortschrittlichen Antrag zu übernehmen und zu einer modernen, mutigen Verkehrspolitik, wie sie der Verkehrsversuch zum Ausdruck gebracht hat, zurückzukehren.
Auf der Tagesordnung stand auch das Thema Gielenstraße, wo ein großes Bauprojekt mit Supermarkt für erhebliches zusätzliches Verkehrsaufkommen sorgen wird. Hier ließ die Verwaltung den Mut zu neuen Wegen vermissen, und die Politik mahnte fraktionsübrgereifend gemeinsam mit dem ADFC an, dass hier für den Radverkehr bessere Lösungen gefunden werden müssen als nur Schutzstreifen. Der ADFC bot Gespräche an, und Verwaltung wie Politik zeigten Interesse am Dialog. Den nehmen wir gerne auf.
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